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BILDER AUS DEN ABRUZZEN

di Alexander Rumpelt (1864-1907)

Eine lange Wanderung, aber trotz der Septembermittagshitze in dieser luftigen Höhe nicht zu heiß und verschönt durch beständige. Ausblicke zuerst nach Norden in die weite Ebene von Sulmona, dann nach Osten und Süden ins Gebiet der alten Frentaner und in das samnitische Bergland. Wie romantisch diese alten Felsenstädtchen: Torricella Peligna, Montenero rotondo, Capracotta, wie mannigfaltig die Gruppierung von Berg und Tal, Wald und Weide! Tief zu Füßen noch das alles, auch die 1883 m hohe Secinegruppe mit ihren vielgestaltigen, aus grünen Buchenforsten und Matten herauswachsenden Kalkklippen - ein kleiner fränkischer Jura.

Einen geologisch wichtigen Punkt passierten wir, bald nachdem wir den einsamen Hundkessel der Alm zur toten Frau hinter uns hatten: La Sfischia (abruzzesisch = taglio naturale), die "Spalte". Einem Botaniker oder Geologen, der traumverloren auf dieser Hochfläche herumwandeln wollte, könnte es leicht widerfahren, daß er plötzlich fünfzehn Meter tief in diese Kluft fällt. In der Tat ist der 1½ bis 3 m breite Spalt schwer zu bemerken, erst in einer Entfernung von etwa fünf Schritten, da die beiden Teile, die wohl ein Erdbeben auseinandergerissen hat, in senkrechten Wänden gegenüberstehen, die Höhe der Oberfläche aber ganz die gleiche geblieben ist. Wie künstlich eingeschnitten. So erinnerte mich diese Naturerscheinung ein wenig an die Gräben der altgriechischen Festung Eurvelos bei Syrakus. Ich stieg hinab und fand noch eine Menge Ewigschnee im Grund, daneben aus den Felsen herausblühend eine kleine, weiße Labiate mit filigranfeinen Blättchen, die hier in beständiger Kühle beinahe ohne alle Sonne gedieh.

  • A. Rumpelt, Bilder aus den Abruzzen, in «Himmel und Erde», XIX, Paetel, Berlin 1907, pp. 86-87.

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